05.05.2018 – Editorial

Kirchen an der Messe

Meinen Wunsch habe ich mir gut überlegt. Es liegt mir viel daran, dass er in Erfüllung geht, sehr viel sogar. Ungelenk kritzle ich ihn mit dem Filzstift auf die glatte Oberfläche der gelben Kugel. Vom obersten Stock des Standes der Kirchen an der Muba sollen Kugel und Wunsch über eine Art Murmelbahn vielleicht sechs oder sieben Meter tief nach unten rollen und sich am Ziel mit den Wünschen aller andern vereinen.

Allein stehe ich auf der Plattform unter dem Dach der Messehalle, zuversichtlich schicke ich meine Kugel auf den Weg. Sofort nimmt sie Fahrt auf, schafft in hohem Tempo zwei Kurven und eine Schikane. Aber nein, Schreck! Bei der dritten Kurve springt sie aus der Bahn und plumpst zu Boden, sie hat das Ziel im Wünschesammelbecken verfehlt. Was für ein schlechtes Zeichen für meinen grossen Wunsch!

Bestürzt blicke ich der Kugel nach, ohne Möglichkeit, ihr Schicksal noch zu drehen. Aber da: Ein lachendes Gesicht blickt mich an. Eine Standbesucherin hat das Missgeschick bemerkt, hebt meine Kugel vom Boden auf und legt sie, nach kurzer Rückfrage an mich, zurück in die Bahn. Ruhig legt mein Wunsch den Rest seines Wegs zurück und findet doch noch seinen Bestimmungsort, das farbige Bad mit den Kugeln und guten Wünschen vieler kleiner und grosser Messebesucher/innen.

Erleichterung erfüllte mich, ich gebe es zu. Lächeln Sie nur über meinen Aberglauben! Die Wunschkugelbahn ist doch ein Kinderspiel. Aber der Zwischenfall auf dem Weg meiner Kugel bestärkte mich nur darin, es ernster zu nehmen, als der Verstand es zulassen will. Unvor­bereitet hatte mich das Missgeschick getroffen, ganz unerwartet kam die Hilfe von aussen. Erleben wir es nicht immer wieder genau so? Glück und Unglück liegen nicht in unserer Hand. Aber eine kleine Handreichung eines Mitmenschen bringt manches auf die rechte Bahn zurück.

Mit der Gluggerbahn, wie die Basler sagen, haben die Kirchen ein spielerisches Element für ihren Auftritt an der Muba gewählt. Ist es richtig, dass sich Kirchen so zeigen? Sollen sie überhaupt an einer Publikumsmesse wie der Muba auftreten? Der zeitliche Einsatz von mehreren Dutzend Mitarbeitenden der katholischen, re­formierten und christkatholischen Kirchen während der zehntägigen Mustermesse war gross. Was den Besucherinnen und Besuchern vom Stand der Kirchen bleibt, wissen wir nicht. Vermutlich nehmen aber auch die kirchlichen Standbetreuer/innen selber von den Begegnungen etwas mit: Es ist wichtig, dass sie in ihrer Arbeit ein Bild derjenigen vor Augen haben, die im Alltag nicht ihre Stammkunden sind.

Christian von Arx