25.11.2020 – Schweiz

KVI – Bundesgericht lehnt sofortigen Stopp kirchlicher Meinungsäusserungen ab

Das Bundesgericht hat es in einer Verfügung vom 23. November abgelehnt, kirchliche Stimmen noch vor der Abstimmung vom 29. November über die Konzernverantwortungsinitiative (KVI) zum Schweigen zu bringen. Die Jungfreisinnigen des Kantons St. Gallen hatten in einer Beschwerde unter anderem verlangt, es sei der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St. Gallen und sieben namentlich genannten reformierten Kirchgemeinden im Kanton sofort zu verbieten, sich weiter mit Medienmitteilungen, Publikationen, Äusserungen in Predigten, Beteiligungen in Abstimmungskomitees, Internetverlautbarungen, Plakatierungen, Zurverfügungstellungen von Kirchenräumlichkeiten, Verteilung von Flyern oder Beflaggungen von Kirchen am Abstimmungskampf zu beteiligen. Eine solche vorsorgliche Massnahme rechtfertige sich so kurz vor dem Abstimmungstermin nicht, entschied nun das Bundesgericht. Falls die Interventionen der kirchlichen Körperschaften sich tatsächlich als unzulässig erweisen sollten, könne allenfalls die Abstimmung nachträglich aufgehoben werden.

Grundsätzlich geht es in der Beschwerde der Jungfreisinnigen darum, ob kirchliche Stellen sich im Abstimmungskampf äussern dürfen. Diesen Hauptentscheid hat das Bundesgericht noch nicht gefällt. Ob ein Urteil noch vor oder erst nach dem Abstimmungstermin vom 29. November fällt, ist offen. Laut Medienberichten hatten Exponenten der Jungfreisinnigen Anfang November auch in den Kantonen Bern, Aargau und Thurgau bei den Kantonsregierungen Beschwerden gegen das öffentliche Eintreten von Kirchenvertretern für die KVI erhoben. Dies mit der Begründung, die Kirchen seien als öffentlich-rechtliche Institutionen zu politischer Neutralität verpflichtet. Alle vier Kantonsregierungen erklärten sich übereinstimmend als nicht zuständig und traten nicht auf die Beschwerden ein, worauf die Jungfreisinnigen ans Bundesgericht gelangten. Nach Angaben des Komitees «Kirche für Konzernverantwortung» unterstützen in der ganzen Schweiz über 700 Kirchgemeinden und Pfarreien die Initiative. Auf reformierter Seite handelt es sich dabei vorwiegend um Körperschaften des öffentlichen Rechts (Kirchgemeinden, Landeskirchen), auf römisch-katholischer Seite meistens um pastorale Einheiten (Pfarreien, Pastoralräume, Seelsorgeteams).

cva