Blick auf die Mine bei Cerro de Pasco, Peru (November 2019). Laut den Initianten leben in der Region 2000 Kinder mit chronischen Schwermetallvergiftungen, die auf die von Glencore mit Sitz in Baar ZG kontrollierte Mine zurückgeführt werden. | © Verein Konzernverantwortungsinitiative
Blick auf die Mine bei Cerro de Pasco, Peru (November 2019). Laut den Initianten leben in der Region 2000 Kinder mit chronischen Schwermetallvergiftungen, die auf die von Glencore mit Sitz in Baar ZG kontrollierte Mine zurückgeführt werden. | © Verein Konzernverantwortungsinitiative
29.10.2020 – Aktuell

In dieser Debatte fliesst christliches Herzblut

Viele Stimmen von kirchlich Engagierten melden sich zu Wort

Am 29. November entscheiden die Schweizer Stimmberechtigten über die Konzernverantwortungsinitiative (KVI). Noch selten haben sich bei politischen Themen so viele kirchlich engagierte Einzelpersonen, Gremien und Organisationen zu Wort gemeldet wie bei dieser Abstimmung.

Die Initiative will, dass Schweizer Unternehmen die Menschenrechte und international anerkannten Umweltstandards weltweit einhalten. Dazu verlangt sie die Haftung für Schäden im Ausland. Dieses Anliegen spricht vielen aus dem Herzen. Andererseits sind manche irritiert über das ungewohnt politische Auftreten von Kirchenleuten. Medien stellen die Frage: Dürfen die Kirchen das?

Zum Trägerverein gehört das Fastenopfer, dessen Stiftungsrat von Bischof Felix Gmür präsidiert wird. Die Schweizer Bischofskonferenz unterstützt die Initiative. Im Hinblick auf die Volksabstimmung hat sie am 8. Oktober gemeinsam mit der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz theologisch-ethische Überlegungen unter dem Titel «Wirtschaft braucht Menschenrechte» veröffentlicht. Darin sagen die Bischöfe, dass die Kirche eine Verantwortung hat, weltweit für Nächstenliebe und Bewahrung der Schöpfung einzustehen.

Pastorale Seite stark engagiert

Schweizweit stellen sich im Komitee «Kirche für Konzernverantwortung» über 650 Kirchgemeinden und Pfarreien hinter die KVI, einige von ihnen mit den orangen Bannern an Kirchtürmen oder kirchlichen Gebäuden. In der Nordwestschweiz hat die Pastoralkonferenz Basel-Landschaft nahezu einstimmig für die Initiative Stellung bezogen. Weiter nennt das Komitee unter anderem die Pastoralraumkonferenz der RKK Basel-Stadt, den Pastoralraum Frenke-Ergolz und die Pfarreien Liestal und Frenkendorf-Füllinsdorf, die Pfarreien Binningen-Bottmingen, Therwil/Biel-Benken sowie Seelsorgeteam und Pfarreirat des Seelsorgeverbands Angenstein, in der Region Olten den Pastoralraum Gösgen. Dazu kommen der Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF) oder der Verein oeku Kirche und Umwelt und zahlreiche Einzelpersonen, darunter der St. Galler Bischof Markus Büchel.

Landeskirchen bleiben neutral

Zurückhaltender positionieren sich die Landeskirchen. So hat der Kirchenrat der Römisch-Katholischen Kirche Basel-Stadt festgehalten, dass er zu politischen Abstimmungen neutral bleibt, und den Pfarreien empfohlen, «keine Kampagnenwerbung zu betreiben». Im Kanton Baselland trat die Synode nicht auf einen Antrag ein, die Landeskirche solle dem Komitee Kirche für Konzernverantwortung beitreten. Auch die Landeskirche Aargau und die Synode des Kantons Solothurn haben keine Stellung bezogen.

Selbstverständlich gibt es unter den Kirchenmitgliedern unterschiedliche Meinungen. So kritisiert das Ethik-Komitee gegen die KVI das «einseitige Engagement kirchlicher Kreise». Zu diesem Komitee gehören etwa die baselstädtische Kirchenrätin Nadine Gautschi, der Churer Bischofssprecher Giuseppe Gracia oder Stefan Müller, Präsident der Katholischen Landeskirche Glarus.

Auch die Gegner der Initiative bekennen sich zum Ziel, Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden zu bekämpfen. Uneinigkeit besteht darüber, ob die Haftungsregeln der Initiative dazu geeignet seien. Die Bischofskonferenz unterstützt die Initiative, überlässt aber die Beurteilung der Abstimmungsfrage dem Sachverstand und dem eigenen Gewissen der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger.

Pro und Kontra

Exklusiv für «Kirche heute» nehmen zwei Mitglieder von Landeskirchenräten der Nordwestschweiz für und gegen die Initiative Stellung. Zwar mischen sich die Landeskirchen selbst nicht in den Abstimmungskampf und bleiben neutral. Im persönlichen Namen aber reden Joseph Thali, Landeskirchenrat von Basel-Landschaft, und Nadine Gautschi, Kirchenrätin in Basel-Stadt, Klartext. Für Diakon Thali, der die Folgen des Kriegs um die Rohstoffe im Osten Kongos auf Reisen mit eigenen Augen gesehen hat, ist die KVI ein epochaler Schritt zu mehr Gerechtigkeit. Die Wirtschaftswissenschafterin und Politikerin Gautschi warnt vor unerfüllbaren Erwartungen und hofft auf ein Nein, damit der indirekte Gegenvorschlag des Parlaments in Kraft treten kann.

Christian von Arx

Das Pfarrei- und Begegnungszentrum Dreikönig in Füllinsdorf ist eines der kirchlichen Gebäude, an denen sichtbar für die KVI Stellung bezogen wurde. 
| © Verein Konzernverantwortungsinitiative