Pfarrer Stefan Kemmler (links), Kirchenratspräsident Christian Griss (Mitte) und Projektleiter Bruno Chiavi füllen vor der symbolischen Grundsteinlegung die neuen Dokumente in die Zeitkapsel. | © Christian von Arx
Pfarrer Stefan Kemmler (links), Kirchenratspräsident Christian Griss (Mitte) und Projektleiter Bruno Chiavi füllen vor der symbolischen Grundsteinlegung die neuen Dokumente in die Zeitkapsel. | © Christian von Arx
19.10.2018 – Aktuell

«Im Quartier sind sie Feuer und Flamme»

Grundsteinlegung der RKK Basel-Stadt für das Kirchenzentrum St. Christophorus in Kleinhüningen

 

Ein Kirchenchor in einer Baugrube: Wahrlich kein alltäglicher Auftritt, den die rund 100 Gäste der Grundsteinlegung in der Kleinhüningeranlage an einem sonnigen Freitagnachmittag miterlebten. Ungewöhnlich ist auch das Bauvorhaben selbst. Für Kirchenratspräsident Christian Griss ist es das grösste Neubauprojekt seit seinem Amtsantritt 2011, und nicht nur das: «Es ist überhaupt der erste Neubau, den wir bei der RKK Basel-Stadt bisher in diesen sieben Jahren in Angriff nehmen», ergänzte er an der Grundsteinlegung gegenüber «Kirche heute».

«Aufbruch statt Abbruch»

Im 21. Jahrhundert sind es die Kirchgemeinden eher gewohnt, ihre Bauten zu unterhalten, zu sanieren oder umzubauen. Wenn das nicht mehr möglich ist, werden Gebäude verkauft oder zurückgebaut. In Kleinhüningen dagegen heisst das Motto «Aufbruch statt Abbruch». Das Neubauprojekt Kirchenzentrum St. Christophorus soll wirtschaftlich sein, indem es neben Kapelle, Saal und Vereinsräumen auch 22 Wohnungen zur allgemeinen Vermietung, 16 Alterswohnungen sowie zwei Kindergärten umfasst.

Einen Baukredit von 18,5 Mio. Franken hatte die baselstädtische Synode dafür Ende November 2017 bewilligt, die Einweihung wird Mitte 2020 erwartet. Vereinbart ist, dass der Christophorus Verein – die Trägerschaft des benachbarten Pflegewohnheims St. Christophorus – die Alterswohnungen nach der Erstellung kaufen wird. Die Kindergärten wird das baselstädtische Erziehungsdepartement mieten.

Unterstützung aus dem Quartier

Ein Abbruch ging allerdings auch diesem Aufbruch voraus. Im letzten halben Jahr wurden die Kirche St. Christophorus mit Pfarrhaus und Sakristanenhaus abgebrochen. Das Kirchenensemble stammte aus dem Jahr 1935 und stand nicht unter Denkmalschutz, die Bausubstanz war schlecht. Die Kirche diente den oft aus der Innerschweiz oder Deutschland stammenden katholischen Eisenbahn- und Hafenarbeitern, die sich in Kleinhüningen ansiedelten. 1960 entstand daraus eine selbstständige Pfarrei mit fast 3000 Mitgliedern. Um die Jahrtausendwende ging die Mitgliederzahl aber auf 1000 zurück. Das führte im Jahr zur 2004 Angliederung an die Pfarrei St. Joseph, die ihrerseits 2009 in St. Clara aufging.

Die Kleinhüninger Quartierkirche St. Christophorus wurde nicht mehr gebraucht. Nach dem Beschluss des Neubauprojekts wurde sie nach der letzten Messe am 6. Januar 2018, profaniert. Natürlich bedeutet dies auch einen Verlust. «Man plante seit 15 Jahren», erinnerte sich Bruno Chiavi, Projektleiter Bau der RKK Basel-Stadt, nach der Grundsteinlegung im Gespräch mit «Kirche heute». «Am Anfang waren die Leute im Quartier total dagegen, sie hatten Angst, dass man ihnen etwas wegnehmen würde.» In einem mehrjährigen Prozess habe sich das gewandelt, die Idee des neuen Kirchenzentrums habe Wurzeln geschlagen. «Jetzt sind sie Feuer und Flamme: Wenn ich für das Projekt etwas brauche, helfen sie mir sofort», berichtet Chiavi. Zwei Einsprachen wurden zurückgezogen.

«Kleinhüningen hat Potenzial»

An der Grundsteinlegung des Kirchenzentrums St. Christophorus wirkte der Kirchenchor St. Clara mit. | © Christian von Arx

So kam es, dass am 19. Oktober der Kirchenchor St. Clara mit dem Lied «Anfang und Ende» die Grundsteinlegung in der Baugrube eröffnen konnte. Kirchenratspräsident Christian Griss beantwortete in seiner Begrüssung die Frage, warum die Kirche an diesem Ort, nur anderthalb Kilometer von St. Joseph entfernt, überhaupt wieder etwas baue: «Der Kirchenrat war mit der Quartiervereinigung einig: Wir wollen hier im Quartier bleiben. Kleinhüningen hat Potenzial.» Zum neuen Zentrum gehöre die multifunktionelle Kapelle als liturgischer Raum für Gebet und Feiern, auch Eucharistiefeiern. Die Kapelle ist für Gottesdienste unter der Woche geeignet. Die Sonntagsgottesdienste finden in St. Clara und St. Joseph statt.

Architekt Matthias Lorenz, der mit seinem Büro Lorenz Architekten 2015 den Projektwettbewerb der RKK Basel-Stadt gewonnen hatte, freute sich, dass er mit dem alle Generationen umfassenden Projekt «eine ganze kleine Stadt» habe entwerfen können. Jetzt gehe es darum, im Zusammenwirken von Bauherrin, Planern und Handwerkern das Projekt ins Leben zu tragen, wie der heilige Christophorus.

Zwei Zeitkapseln im Grundstein

Für den symbolischen Baustart wurden zwei Zeitkapseln in die runden Grundsteine gelegt. Die eine ist die beim Abbruch aufgefundene aus dem Jahr 1974 mit Dokumenten zur Kirche St. Christophorus. In die andere Kapsel kamen neue Zeitzeugen: Die von Pfarrer Stefan Kemmler geschriebene Grundsteinlegungsurkunde, Unterlagen verschiedener Quartiervereine wie des katholischen Arbeitervereins, des Frauenvereins oder der Pfadfinderabteilung, Dokumentationen mit Fotos der alten Kirche, der Bericht des Preisgerichts zum Siegerprojekt, der Antrag an die Synode zum Ausführungskredit und schliesslich eine Tageszeitung vom Tag der Grundsteinlegung und das aktuelle Pfarrblatt.

Höhepunkt der Feier in der Baugrube war die Segnung durch Pastoralraumpfarrer Stefan Kemmler, der mit den Anwesenden das Vaterunser und das Ave Maria betete. Christian von Arx