22.04.2021 – Editorial

Good News

In Myanmar herrscht Ausnahmezustand, das Militär, das sich an die Macht geputscht hat, schiesst auf die eigene Bevölkerung und macht auf der Jagd nach angeblichen Aufständischen auch vor Kirchen nicht halt. Der Konflikt in Syrien dauert nun seit zehn Jahren an und ein Ende ist nicht in Sicht. Die Entwicklung wirksamer Impfstoffe gegen Covid-19 hat nicht einmal ein Jahr gedauert, und mindestens im wohlhabenderen Teil der Welt haben bereits viele Menschen im Minimum einen Piks erhalten – in den Schlagzeilen überwiegen jedoch die negativen Aspekte: Impfdrängler, Impfskeptiker, Streit über Strategien bei der Impfstoffbeschaffung, Probleme bei der Produktion und bei der Organisation der gigantischen Impfaktion.

Das Bild, das sich aus täglichen Nachrichten wie diesen ergibt, eignet sich nicht, um den Glauben an das Gute im Menschen zu fördern. Zur Illustration ein relativ banales Beispiel, eine Online-Umfrage von «20 Minuten»: Die meisten beantworten die Frage, warum es in Naturschutzgebieten Ranger braucht, damit, dass Menschen rücksichtslos seien. Nur wenige gehen davon aus, dass sich Menschen aus Unachtsamkeit über Regeln hinwegsetzen.

Die Menschheit ein hoffnungsloser Fall? Ganz und gar nicht, findet der niederländische Historiker und Publizist Rutger Bregman in seinem Buch «Im Grunde gut. Eine neue Geschichte der Menschheit». Seine These, dass wir Menschen im Grunde freundlich, friedlich und gesund sind, hat ihre Wurzeln in der langen Ära vor der Sesshaftigkeit. Die Aufgabe der nomadischen Lebensweise habe uns ins Desaster geführt. So hatte das enge Zusammenleben von Menschen und Tieren die Entstehung von ansteckenden Krankheiten zur Folge, wie wir dieser Tage einmal mehr schmerzlich erfahren.

Das düstere Bild könne zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden, warnt Bregman. Wer von anderen nur Schlechtes erwartet, sendet Misstrauen, Verachtung und Feindseligkeit aus und muss sich über ein entsprechendes Echo nicht wundern. Bregman knüpft am Talent der Menschen für Kooperation an und plädiert dafür, sich vom Konkurrenzmodell zu verabschieden. In der Evolution der Menschheit habe sich nicht der Stärkere, sondern der Freundlichere durchgesetzt.

Die Aufforderung Jesu in der Bergpredigt, die andere Wange hinzuhalten (Matthäus 5,39), sei nicht total naiv, sondern eigentlich ziemlich vernünftig.

Regula Vogt-Kohler