18.11.2021 – Editorial

Generationen im Gespräch

In diesen Tagen ist die erste Etappe des vom Papst ausgerufenen synodalen Prozesses im Gang. Bis Ende November sind alle Kirchenmitglieder eingeladen, sich in Gruppen zu treffen und ihre Antworten auf den von oben vorgegebenen Themenkatalog abzugeben. Zwei Fragen liegen über diesem Prozess: Werden die Kirchenmitglieder die Gelegenheit ergreifen und ihre Meinung sagen? Und: Sind die Kirchenoberen wirklich ganz Ohr, werden sie auf die Meinungen aus dem Kirchenvolk hören und danach handeln?

Gerade in der Schweiz geht es um die Zukunft der römisch-katholischen Kirche, um die sich ganz besonders jene, die aktiv dabei sind, berechtigte Sorgen machen. Die Befürchtung, dass auch der jetzige synodale Weg keine Wende zum Besseren bringen wird, ist unter Schweizer Katholikinnen und Katholiken weit verbreitet. Gut zum Ausdruck kommt sie in dem Brief von Peter Meier, Basel, an den Bischof in Solothurn, und auch in der Antwort von Bischof Felix Gmür. Beide können auf der Website des Bistums Basel nachgelesen werden.

Die spürbare Zurückhaltung beruht auf der Erfahrung der vergangenen fünf Jahrzehnte. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) und der anschliessenden Synode 72 (1972–1975) haben viele aus der Schweizer Kirche ihre Stimmen erhoben, aber sie wurden nicht gehört. Viele haben sich engagiert und sind heute enttäuscht. Die Kluft zwischen den Überzeugungen im Kirchenvolk der Schweiz und der in Rom vertretenen Lehre ist nicht kleiner, sondern grösser geworden.

Erleben wir nun mit dem synodalen Prozess tatsächlich einen «Kairos», wie Bischof Gmür schrieb? Also einen entscheidenden Zeitpunkt, eine günstige Gelegenheit, die es beim Schopf zu packen gilt? Oder kommt alles viel zu spät? – Ob bis zur geplanten Welt-Bischofssynode vom Oktober 2023 wirklich etwas in Bewegung kommt, liegt im Nebel. Wenn jemand Lichter der Hoffnung entzündet, dann sind es wohl eher nicht die Päpste, Kardinäle und Bischöfe, sondern Frauen, Männer, Kinder und Jugendliche hier bei uns. Es braucht in dieser Kirche wieder Menschen mit Freude, Mut und Zuversicht.

Vielleicht ändern die von den Gesprächsgruppen abgegebenen Antworten wenig. Aber wo ältere und jüngere Kirchenmitglieder sich treffen und miteinander reden, kann Neues entstehen. Im Gespräch der Generationen liegt ein Potenzial, über diesen November und über den synodalen Prozess hinaus.

Christian von Arx