18.07.2019 – Editorial

Ferienzeit

Heiss, unerträglich heiss wars in der «Heui». Unermüdlich waren Onkel, Tante und Cousinen auf der abgemähten Wiese mit Heugabeln unterwegs und wendeten unter sengender Sonne das Heu. Mir, dem kleinen Ferienbub, bot der riesige alte Kirschbaum mit seinem Schatten Rettung. Sogar dort brandete die heisse Luft in Wellen an …

Die Gluthitze beim Heuen prägt meine Erinnerung an die ersten Ferien auf dem Bauernhof. Dann kam ein Korb mit der Süssmostflasche, und alle setzten sich für eine Pause zum Trinken unter den Baum. Abends wurde das Heu, zu einem furchterregend hohen Fuder aufgeschichtet, mit dem Pferd eingefahren, direkt auf den Heustock.

Ein paar Jahre älter geworden, konnte ich etwas mehr mithelfen. Zu Beginn der Sommerferien waren die Kirschen reif. «Chriesi günne»: Ein Miteinander am Baum, und doch jeder für sich in luftiger Höhe. Wobei ich beschämt bemerkte, dass die Cousinen ihre Körbe, mit einem Gurt um die Hüften gebunden, meist schneller voll hatten als ich. Und dann das Umstellen der Leitern! Nie hätte ich es geschafft, die unendlich langen, schweren Holzleitern am hohen Baum neu anzustellen, immer musste ich den Onkel darum bitten. Er, der sich mit seinen mehr als 70 Jahren nur langsam und gebeugt bewegte, stemmte allein die in den Himmel ragende Leiter. Gewaltige Kraft brauchte er, wenn sich die Spitze zur Seite zu neigen drohte. Unfehlbar fand er im Blattwerk die nächste sichere Astgabel.

Von dort aus galt es, die voll behangenen Äste gründlich abzuernten. Mit Strecken und Geschicklichkeit waren noch manche der äussersten Kirschen zu erreichen – was ausser Reichweite blieb, gehörte den Vögeln. Das Füllen und Leeren der Körbe setzte den Rhythmus. Geredet wurde wenig, die Ruhe der Morgenkühle war ein Genuss. Von hoch oben schweifte der Blick über Felder und Dorf zum Jura. Stellte sich erste Müdigkeit ein, kam belebend das Elf-Uhr-Geläute vom Kirchturm: Es zeigte an, dass bald das Mittagessen in der kühlen Küche des Bauernhofs bereit war.

Diese Szenen liegen jetzt vierzig, fünfzig Jahre zurück. Der Bauernhof lag nur eine halbe Stunde mit dem Velo vom Elternhaus entfernt. Und doch versetzte er mich in eine Welt, wie ich sie zu Hause nicht kannte. Das ist doch unbezahlbar an den Ferien: Sie eröffnen die Möglichkeit, für ein paar Tage oder Wochen eine andere Welt zu erleben. Man kehrt wieder zurück – und ist nicht mehr der gleiche.

Das Pfarrblatt wünscht Ihnen schöne Ferien – und unvergessliche Ferienerinnerungen.

Christian von Arx