17.03.2018 – Editorial

Ermutigung vom Ende der Welt

Fünf Jahre Papst Franziskus: Wie fällt Ihre Zwischenbilanz aus? – Der erste Papst aus Lateinamerika – «vom Ende der Welt», wie er selber scherzte – hat sofort nach seiner Wahl Staunen, Hoffnung und Begeisterung geweckt. Vieles davon hält bis heute an. Doch neben dem Lob sind heute vermehrt auch kritische Stimmen zu vernehmen. Einigen gehen seine Schritte zu wenig weit. Manche stellen sich die Frage, wie viel Kraft und Zeit dem 81-jährigen Kirchenoberhaupt noch bleibe. Da und dort stösst sein Wirken auf offenen Widerstand.

Für ein Urteil, das Bestand hat, ist es zu früh. Der Argentinier hat von Anfang an überrascht und kann uns noch oft überraschen. Es braucht mehr Distanz, um zu erkennen, ob Franziskus die Kirche bleibend verändert hat.

Aber es gibt Grund zur Annahme, dass dieser Papst seiner Kirche gut tut. Franziskus ist ein Ermutiger. Indem er immer wieder darauf besteht, dass die Kirche bescheiden und wahrhaft sein muss, bestärkt er Kirchenglieder überall in der Welt, sich in ihrem Umfeld ebenfalls dafür einzusetzen. Er sieht sich auch im höchsten Amt als Seelsorger der Gläubigen und nicht nur als Leiter eines Apparats, Diplomat oder Gelehrter.

Bergoglio zeigt sich im Papstamt als Mensch mit Unvollkommenheiten. Er gibt auch mal ­einen Fehler zu. Das hat ihm bisher kaum geschadet, sondern ist Teil seiner Glaubwürdigkeit. Und es fördert die Einstellung, aus Rom nicht die Verkündung unumstösslicher Wahrheiten zu erwarten, sondern den kirchlichen Autoritäten die Möglichkeit von Irrtum und Weiterentwicklung zuzugestehen. Auch in Glaubensdingen ermöglicht der Austausch der Argumente eine bessere Annäherung an die Wahrheit.
Mit Papst Franziskus in Rom hat der Respekt für die katholische Kirche als eine moralische Kraft in den grossen Fragen der Zeit zugenommen. Im Vergleich zu den meisten politischen Führungsfiguren verfügt der Papst über eine hohe Autorität, weil er auch von seiner Kirche die Übereinstimmung von Taten und Worten verlangt.

Für die Kirche in der Schweiz ist von Bedeutung, dass Franziskus ein Gegner des schrankenlosen Zentralismus zu sein scheint. Ein Beispiel dafür ist seine Änderung des Kirchenrechts vom letzten Herbst, mit der er die Zuständigkeit für die Übersetzung der liturgischen Bücher im Wesentlichen den Bischofskonferenzen zusprach und damit der römischen Kurie eine Grenze setzte. Mehr Vertrauen in die Ortskirchen: Das ist eine Weichenstellung, die aus schweizerischer Sicht in die richtige Richtung weist.

Christian von Arx