01.11.2018 – Editorial

Düstere Zeiten

Der Sommer war noch in vollem Gange, als die schockierenden Meldungen über jahrzehntelange sexuelle Übergriffe aus Pennsylvania eintrafen. Wie ein Schlag in die Magengrube fühlte es sich an, und Düsternis machte sich breit, ­Novemberstimmung mitten im sonnigen August. Mit Fassungslosigkeit, insbesondere ob des Ausmasses, und der aus der spontanen Verzweiflung geborenen Frage «Hört denn das nie auf?» – so hatten auch die Kolleginnen und Kollegen bei anderen Pfarrblättern auf die schlechten Nachrichten aus den USA reagiert, wie wir bei einem Austausch anlässlich des Jahresausflugs unserer Arbeitsgemeinschaft feststellten.

Der Missbrauchsskandal warf seine Schatten auch über die Bischofssynode zum Thema «Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsunterscheidung». Sollte die Synode gar abgesagt werden? Die Bischöfe hätten momentan «absolut keine Glaubwürdigkeit» bei Jugendfragen, wurde der Erzbischof von Philadelphia, Charles Chaput, zitiert. Stattdessen solle sich die Versammlung in Rom mit dem Lebensstil von Bischöfen befassen.

Die Jugendsynode hat wie geplant stattgefunden, doch mit dem Begriff «Glaubwürdigkeit» hat Chaput auf jeden Fall das richtige Stichwort geliefert. Und die Bischöfe haben erkannt, dass «Weiter wie bisher» keine Option für die Zukunft der Kirche sein kann. Um glaubwürdig zu sein, sei eine Kirchenreform nötig, erklären die rund 270 Bischöfe, die an der dreieinhalbwöchigen Versammlung im Vatikan teilgenommen haben, im Abschlussdo­kument. Darin stellen sie auch fest, dass viele Jugendliche die Kirche nicht mehr als ernstzunehmende Gesprächspartnerin betrachten. Dies nicht nur wegen der Skandale im sexuellen und finanziellen Bereich, sondern auch wegen der Unfähigkeit kirchlicher Amtsträger, auf Jugendliche einzugehen.

Die Bischöfe haben es nicht bei der Selbstkritik im Schlussdokument belassen, sondern wenden sich in einem Brief direkt an junge ­Katholiken weltweit. Darin bitten die Synoden­väter die Jugendlichen um neues Vertrauen. «Möge unsere Schwachheit Euch nicht entmutigen, und mögen unsere Schwächen und Sünden kein Hindernis für Euer Vertrauen sein», heisst es im Schreiben, das am 28. Oktober zum Abschluss des Bischofstreffens bei einer Messe im Petersdom vorgetragen und in mehreren Sprachen (auch in Deutsch; siehe www.vaticannews.va) publiziert wurde.

Regula Vogt-Kohler