Das Taufsteintuch am Taufbecken im Baptisterium von Riva San Vitale: Die Fussabdrücke symbolisieren, dass der Weg der Taufe im Alltag der Getauften weiter geht. | © Missio/Brunner
Das Taufsteintuch am Taufbecken im Baptisterium von Riva San Vitale: Die Fussabdrücke symbolisieren, dass der Weg der Taufe im Alltag der Getauften weiter geht. | © Missio/Brunner
10.10.2019 – Aktuell

«Die Kirche muss von Gott erzählen, das ist ihre Mission»

Direktor Martin Brunner-Artho von Missio zur Frage, was Mission hier und heute bedeuten kann

Papst Franziskus hat den Oktober zum aus­serordentlichen Monat der Weltmission erklärt. Wie der Begriff Mission heute verstanden werden kann, erläutert Martin Brunner-Artho. Er ist Direktor von Missio in Freiburg, einem der 116 nationalen päpstlichen Missionswerke weltweit.

 

Martin Brunner-Artho. | © Missio/Gabriel Hauser

Wozu braucht es einen ausserordentlichen Monat der Weltmission?

Martin Brunner-Artho: Papst Franziskus will die Kirche zu ihrem Kerngeschäft zurückholen. Die Kirche muss von Gott erzählen, das ist ihre Mission. Das bedeutet: Geh hinaus und erzähle von Gott, von dem, was du mit Jesus Christus erlebt hast, wo du Begegnungen mit dem Göttlichen hattest. Wo du das Gefühl hattest, etwas berührt zu haben, was tiefer ist als alles Sichtbare. Das ist der Aufruf des Weltmissionsmonats: Kirche, geh zurück zu deiner Mission. Eine Kirche, die nicht von Gott erzählt, erfüllt ihren Auftrag nicht. Sie hat einen Auftrag, der von Jesus Christus, von Gott selber kommt.

 

«Getauft und gesandt» lautet das Motto des Weltmissionsmonats. Bin ich als Getaufte also immer auch Missionarin?

Die biblischen Aussendungstexte gehen primär an die Apostel. Diese identifizieren wir oft mit den Leitern der Kirche, also mit den Bischöfen, die sich ja auch als Nachfolger der Apostel sehen. Auf diese Weise delegieren wir übrigen Getauften diesen Sendungsauftrag. Jeder und jede Getaufte hat aber tatsächlich eine Mission. Papst Franziskus geht in seiner Botschaft noch weiter, indem er sagt: «Du hast nicht nur eine Mission, du bist eine Mission.»

 

Was bedeutet das, Mission zu sein?

Was wir tun, erzählt von Jesus Christus. Das Leben jedes und jeder Getauften erzählt von der Liebe Gottes, oder eben nicht. Wir sind als Getaufte tatsächlich Missionare wider Willen, oder zumindest unbewusste Missionare. Die meisten von uns kennen Menschen, die uns in unserer Glaubensbiografie geprägt haben, ohne dass ihnen das bewusst war. So sind wir in dem, was wir tun, missionarisch unterwegs.

 

Ist der Aufruf zur Mission auch eine Reaktion auf die sinkenden Kirchenmitgliederzahlen in Europa?

Nein. Papst Franziskus sagte 2013 in einer Videobotschaft: «Gehst du, um jemanden davon zu überzeugen, katholisch zu werden? Nein, nein, nein! Gehe, um ihm zu begegnen, er ist dein Bruder! Das allein genügt. Und wenn du ihm begegnest, dann macht Jesus den Rest, dann macht der Heilige Geist den Rest.» Damit spricht sich der Papst gegen Proselytismus (das Abwerben Andersgläubiger, d. Red.) aus. Er sagt vielmehr, Mission sei ein Dialog. Das bedeutet, dass wir aufeinander zugehen sollen, mit unserem Bruder, unserer Schwester in Kontakt treten und eine Atmosphäre schaffen, die so offen ist, dass Gott wirken kann. Die offen ist für die Transzendenz. Der eigentliche Missionar sind also nicht wir, sondern ist Jesus Christus. Ich kann nicht jemanden bekehren.

Interview: Sylvia Stam, kath.ch

 

«Liebe Schwestern und Brüder, auch Sie sind gesandt»

Auszug aus dem Sendungsbrief der Schweizer Bischöfe vom 1. Oktober 2019 zum aus­serordentlichen Monat der Weltmission:

«An jede und jeden von Ihnen, liebe Schwestern und Brüder (…)

Wissen Sie, dass Sie durch die Taufe ein neues Geschöpf geworden und persönlich mit Jesus Christus verbunden sind? Er selber hat immer wieder Frauen und Männer berufen und ausgesandt. Bevor er zum Vater heimkehrte, hat er auch Ihnen wie der ganzen Kirche eine Mission anvertraut. Die Mission der Gesandten unterscheidet sich nicht von der Mission Jesu selbst.

Als Nachfolger der Apostel wollen wir heute zum Ausdruck bringen, dass diese von Christus gegebene Sendung von höchster Aktualität ist. Auch Sie sind zu dieser Mission in der ganzen Welt gesandt. Ihre Mission beginnt dort, wo Sie heute leben. (…)

Mit diesem Brief erneuern wir diese Sendung im Namen von Jesus Christus, damit Sie auf seinen einzigartigen Ruf, den Gott für Ihr Leben bereithält, antworten können. Wir zählen auf Sie. Christus zählt auf Sie. Die ganze Kirche ist mit Ihnen auf dem Weg einer pastoralen und missionarischen Erneuerung.

Seien Sie unseres Gebetes und unseres Segens sicher und ‹geht hinaus in ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung› (Mk 16,15).»