Das Leben ist manchmal wie ein Gang durch ein Labyrinth. | © Fooody/pixelio.de
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31.01.2019 – Impuls

1. Petrus 3,14–15

Auch wenn ihr um der Gerechtigkeit willen leidet, seid ihr seligzupreisen. Fürchtet euch nicht vor ihnen und lasst euch nicht erschrecken, heiligt vielmehr in eurem Herzen Christus, den Herrn! Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt.

Einheitsübersetzung 2016

 

… die Hoffnung, die uns erfüllt …

Lebenswege sind oft verschlungen. Wir gehen unseren Lebensweg mit Umwegen, steilen Wegabschnitten, Abgründen und auf ebenen, breiten Strassen. Es gibt heitere Lebensabschnitte und Sturm und Unwetter. Leben halt.

Wir treffen Entscheidungen, die uns in unglückliche Situationen führen. Manches entfernt uns von Menschen, die uns wichtig sind. Wir werden mit Krankheit, Unfällen und Tod konfrontiert. Geliebte Menschen erleben Schicksalsschläge, bei denen wir sie begleiten.

Und wir alle kennen Menschen, die bei allen Katastrophen, Schicksalsschlägen und schwierigen Entscheidungen immer wieder wie «obenauf» schwimmen. Die durch Krankheit und Verluste gehen und nach einer Zeit der Trauer im wahrsten Sinne des Wortes auferstehen und es schaffen, weiterzuleben und für andere da zu sein. Sie leben den Satz des dänischen Philosophen Sören Kierkegaard: «Das Leben kann nur in der Schau nach rückwärts verstanden, aber nur in der Schau nach vorwärts gelebt werden.»

Es ist ein Satz voller Weisheit. In der Schau nach vorwärts leben, das bedeutet: voller Vertrauen sein, dass es gut wird. Und religiös gesprochen heisst das: Hoffnung haben. Hoffnung haben auf den, der unser Leben immer in der Hand hält. Auf den Herrn unseres Lebens, der nicht will, dass uns nur ein Haar gekrümmt wird. Und dann kann es möglich sein, das Leben nach rückwärts zu betrachten und zu verstehen, dass die Lebenswege, die so unerträglich schwer waren, uns genau dorthin führen mussten, wo wir jetzt stehen.

Und das ist der heiligen Bakhita gelungen. Sie hat als Sklavin bei fünf verschiedenen Herren unsägliche Qualen erleiden müssen. Schliesslich kam sie mit einer italienischen Familie, die sie freundlich behandelte, 1885 nach Italien, wo sie frei wurde. In seiner Enzyklika Spe salvi schreibt Papst Benedikt über sie: «Hier lernte Bakhita schliesslich nach so schrecklichen ‹Patronen›, denen sie bisher unterstanden war, einen ganz anderen ‹Patron› kennen, (…) den Herrn aller Herren, und dass dieser Herr gut ist, die Güte selbst. Sie erfuhr, dass dieser Herr auch sie kennt, auch sie geschaffen hat – ja, dass er sie liebt. (…) Nun hatte sie (…) die grosse Hoffnung: Ich bin definitiv geliebt, und was immer mir geschieht – ich werde von dieser Liebe erwartet. Und so ist mein Leben gut. Durch diese Hoffnungserkenntnis was sie erlöst, nun keine Sklavin mehr, sondern freies Kind Gottes.»

Und weil Bakhita dies erfahren durfte, konnte sie nicht nur ihr Leben aus freien Stücken an diesen «Patron» überantworten, indem sie ins Kloster eintrat, sie konnte auch ihr Leben von rückwärts betrachten und verstehen. Und so ist überliefert, dass sie auf die Frage, wie sie ihren Entführern begegnen würde, antwortete: «Wenn ich den Sklavenhändlern begegnen würde, die mich entführt haben und selbst denen, die mich gefoltert haben, würde ich auf die Knie fallen und ihnen die Hände küssen. Wenn alles, was mir widerfahren ist, nicht passiert wäre, wie hätte ich Christin und Ordensschwester werden können?»

Bakhita, die Glückliche, hat die Hoffnung gelebt und ihre verschlungenen und unerträglichen Lebenswege von rückwärts verstanden. Papst Benedikt nennt sie ein Vorbild der Hoffnung.

Dorothee Becker, Theologin und Seelsorgerin in der Pfarrei Heiliggeist, Basel