Im Frankfurter Dom St. Bartholomäus sollen 2020 und 2021 die Plenarversammlungen des «Synodalen Wegs» stattfinden. | © wikimedia / ArCan
Im Frankfurter Dom St. Bartholomäus sollen 2020 und 2021 die Plenarversammlungen des «Synodalen Wegs» stattfinden. | © wikimedia / ArCan
24.09.2019 – Hintergrund

Umstrittener Synodaler Weg in Deutschland

Die deutschen Bischöfe im Clinch zwischen Rom und Reform

Im Advent soll der Synodale Weg, den die deutschen Bischöfe im Frühling 2019 beschlossen haben, starten. Briefe aus Rom haben auf die Rahmenbedingungen der Weltkirche hingewiesen und Aufrufe zum Ungehorsam provoziert.

Die deutschen Bischöfe haben mit ihrem Entscheid, einen «Synodalen Weg» einzuschlagen, schwieriges Terrain betreten. Die Frage, ob sie sich damit auf verbotenes Gelände begeben haben, ist heiss umstritten. Ende Juni sorgte Papst Franziskus mit einem Brief an das «Pilgernde Volk Gottes in Deutschland» für Aufsehen. Eine der ersten und grössten Versuchungen im kirchlichen Bereich bestehe darin zu glauben, dass die Lösungen von Problemen ausschliesslich auf dem Wege der Reform von Strukturen, Organisationen und Verwaltung zu erreichen sei, gibt Franziskus zu bedenken. Die Kernbotschaft des umfangreichen Schreibens lautet: «Evangelisieren bildet die eigentliche und wesentliche Sendung der Kirche.»

Primat der Evangelisierung

In einem vor kurzem an den Papst übergebenen Brief hat die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) gemeinsam mit dem Laiengremium Zentralkomitee deutscher Katholiken (ZdK) versichert, dass sie entschlossen seien, den Synodalen Weg als einen «geistlichen Prozess» zu gestalten. «Wir sehen wie Sie, dass wir unseren gesamten Weg vom ‹Primat der Evangelisierung› her angehen müssen.»

Staub aufgewirbelt hat im September ein weiterer Brief aus Rom. Es war die Antwort auf eine Anfrage zur Einschätzung bezüglich Statut des Synodalen Wegs. Darin hält der Päpstliche Rat für die Gesetzestexte unmissverständlich fest: «Themen, die die Weltkirche betreffen, können nicht Gegenstand einer Entscheidung im Rahmen einer Teilkirche sein.»

Kurz vor Beginn der herbstlichen Vollversammlung hat der Vorsitzende der DBK, Kardinal Reinhard Marx, Entwarnung gegeben. Der Synodale Weg sei nicht gefährdet, sagte er am 23. September gegenüber den Medien. Es sei gelungen, in konstruktiven Gesprächen Missverständnisse zu erklären. Der Brief des Papstes soll an der bis 26. September dauernden Vollversammlung durch zwei Bischöfe erläutert werden.

Papstbotschafter Nikola Eterovic hat die deutschen Bischöfe dazu aufgerufen, den Brief des Papstes Franziskus ernst zu nehmen. «Das Schreiben des Heiligen Vaters verdient besondere Aufmerksamkeit», heisst es in einem Grusswort von Eterovic zum Auftakt der Herbstvollversammlung der Bischöfe in Fulda.

System Rom statt Evangelium

Ebenfalls am 23. September haben Vertreter katholischer Reformbewegungen die deutschen Bischöfe zum Widerstand gegen die Kirchenzentrale im Vatikan und zur Änderung des Kirchenrechts aufgerufen. Magnus Lux vom Bundesteam «Wir sind Kirche» rief die Bischöfe auf, sich von vatikanischen Vorgaben zu distanzieren und erklärte: «Das System Rom hat sich an die Stelle des Evangeliums gesetzt. Rom ist blind geworden gegenüber der Wirklichkeit.» Deshalb sollten sich die Bischöfe nicht zu «Lakaien Roms» machen, andernfalls werde das Gottesvolk entschieden reagieren. Notfalls würden «die Gemeinden die Sache selbst in die Hand nehmen.»

Reaktion auf Missbrauchsstudie

Auslöser für den Prozess des Synodalen Wegs war das Erscheinen einer Studie zum sexuellen Missbrauch, der sogenannten MHG-Studie, im September 2018. Das Fazit dieser Untersuchung lautete: Sexualisierte Gewalt durch Geistliche hatte System und wurde systemisch begünstigt. «Die schockierenden Ergebnisse zeigen uns Bischöfen die Verantwortung zu verstärktem Handeln und die Pflicht, den Betroffenen Gerechtigkeit zuteilwerden zu lassen. Sie zeigen auch institutionelles Versagen», heisst es in einer am 27. September 2018 veröffentlichten Erklärung der deutschen Bischöfe zur Studie.

Bei der Vollversammlung im Frühling wurde den Bischöfen deutlich, dass Erschütterungen besondere Vorgehensweisen verlangen. Die Kirche in Deutschland erlebe eine Zäsur, heisst es auf der Homepage der DBK. Der Synodale Weg soll eine strukturierte Debatte ermöglichen und in einem verabredeten Zeitraum stattfinden, und zwar gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), erklärte Kardinal Reinhard Marx in der Abschlusspressekonferenz der Vollversammlung im Frühling 2019.

«Das Ziel des Synodalen Weges ist, die kirchlichen Strukturen in Deutschland weiterzuentwickeln um als Organisation ihrem Zweck gerecht zu werden: der Verkündigung des Wortes Gottes», hält der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) fest.

Zur Vorbereitung haben sich vier Foren mit den Themenbereichen Macht, Partizipation und Gewaltenteilung, Sexualmoral, priesterliche Lebensformen sowie Zugang von Frauen zu Ämtern und Diensten beschäftigt.

Ausführliche Informationen findet man bei der Deutschen Bischofskonferenz und beim Bund der Deutschen Katholischen Jugend.

Regula Vogt-Kohler