Die Plejaden, auch bekannt als die Sieben Schwestern, konnte Ignatius von Loyola am Sternenhimmel von blossem Auge erkennen. | © s.kunka/pixelio.de
Die Plejaden, auch bekannt als die Sieben Schwestern, konnte Ignatius von Loyola am Sternenhimmel von blossem Auge erkennen. | © s.kunka/pixelio.de
23.07.2020 – Impuls

Psalm 34,5–9

Ich suchte den HERRN und er gab mir ­Antwort, er hat mich all meinen Ängsten entrissen.
Die auf ihn blickten, werden strahlen, nie soll ihr Angesicht vor Scham erröten.
Da rief ein Armer und der HERR erhörte ihn und half ihm aus all seinen Nöten.
Der Engel des HERRN umschirmt, die ihn fürchten, und er befreit sie.
Kostet und seht, wie gut der HERR ist!
Selig der Mensch, der zu ihm sich flüchtet!

Einheitsübersetzung 2016

 

Der Blick zu den Sternen

Im Mai 1521 wird der Offizier Ignatius von Loyola, der spätere Heilige, bei der Schlacht um Pamplona in Spanien an einem Bein schwer verletzt. Ignatius, zu dieser Zeit ein 30-jähriger Lebemann, muss wochenlang das Krankenbett hüten auf dem Schloss seiner Familie. Dort geht in ihm eine innere Wandlung vor.

In seinen Lebenserinnerungen beschreibt er, wie er in dieser Zeit in der Nacht oft stundenlang den Himmel und die Sterne betrachtet habe – ein Anblick, der sein Herz sowohl mit innerem Trost als auch mit Begeisterung für Gott erfüllte. Dies wird ihm zur lebenslangen Gewohnheit. Er gründet den Jesuitenorden; ist vielbeschäftigt. Aber noch als Ordensgeneral in Rom betrachtet Ignatius nachts oft ganz lang und intensiv den Sternenhimmel.

Das Betrachten des Sternenhimmels hat ihm Distanz gegeben; Distanz zu dem, was im Alltag oft so wichtig und eitel daherkommt. Und es hat in ihm die Liebe zum Schöpfer entzündet.

Ähnlich ist es mir persönlich ergangen, als ich kürzlich in den Bergen unterwegs war. Als ich vom Gipfel aus in die Täler schaute, wirkte all das, was einen unten, im Gewühl der Häuser und Strassen, manchmal bedrängen, stressen oder nerven kann, nur noch wie eine Spielzeuglandschaft. Das ganze hektische Treiben rückte in die Ferne, und Ehrfurcht und Staunen erfüllten mein Herz.

Solche Momente brauchen wir. Momente, die uns erlauben, Distanz zu gewinnen.

Auch die Ferienzeit, in der wir gerade stehen, kann so ein Moment sein – ein bisschen wie ein Blick aus der Höhe oder das Betrachten des Sternenhimmels. Selbst wenn das Reisen und Wegfahren in diesem Jahr nicht mehr ganz so selbstverständlich ist wie bisher, so spüren wir doch alle, dass wir solche Gelegenheiten brauchen, wo wir für kürzere oder längere Zeit dem Alltag ein wenig entfliehen können und Distanz gewinnen zu all dem, was uns umtreibt und unseren Alltag belagert. Distanz, um neu zu sehen und zu unterscheiden, was wirklich wichtig ist und was sich nur wichtig macht.

Zurück zum hl. Ignatius und zu seinem Betrachten des Sternenhimmels: Mir gefällt diese Art von Distanz nehmen sehr. Das ist nicht ein quälendes Grübeln über sich selber oder ein angestrengtes Kämpfen gegen etwas, sondern ein Sich-Öffnen für etwas. Wer seine Augen lange Zeit zum nächtlichen Sternenhimmel erhebt, der spürt bestimmt ein bisschen etwas von der Unermesslichkeit des Schöpfers und entdeckt darin gleichzeitig seine Sorge für uns. Dieser Gott hat mir/hat uns einen Platz in seiner Schöpfung gegeben. Ich bin ein Teil davon. Wenn ich diese grundlegende Tatsache betrachte, wird mir die rechte Distanz zu den Dingen dieses Lebens gegeben. Gott kann anfangen, in meinem Leben und Herzen zu wirken; er kann durch mich wirken. Er kann mir den Geschmack für das Ewige geben.

In diesem Sinn wünsche ich uns eine gesegnete Sommer- und Ferienzeit; eine Zeit der Distanz und hoffentlich viele wunderschöne Sternennächte!

Nadia Miriam Keller, Theologin, arbeitet als Spitalseelsorgerin i.A. am St. Claraspital in Basel und ab 1. August als Pfarreiseelsorgerin i.A. im Seelsorgeverband Angenstein