23.05.2019 – Editorial

Den Rücken gestärkt

Nein, über Themenmangel konnten die Medien letztes Wochenende nicht klagen! Die Schweiz macht Schluss mit der Bevorzugung internationaler Konzerne bei den Steuern und stützt die Altersrenten mit 2 Milliarden Franken zusätzlich pro Jahr. Sie übernimmt EU-Vorschriften beim Waffenrecht, um die offenen Grenzen mit den europäischen Nachbarn im Schengen-Raum abzusichern. In Österreich bringt ein Video mit skandalösem Gerede des Vizekanzlers die Regierungskoalition zu Fall. Der FC Basel schnappt sich mit dem Sieg im Cupfinal gegen Thun doch noch einen Titel. Und in Tel Aviv holt der 24-jährige Luca Hänni beim European Song Contest Platz 4 – die beste Platzierung eines Schweizer Beitrags seit 26 Jahren …

Politik, Sport, Unterhaltung: Für fast jedes Interesse gabs aufregende News. Verständlich, dass da eine trockene, nur für die Kirchen wichtige Meldung fast unterging: In Basel darf der Kanton zukünftig die Kirchensteuern einziehen, wie es im Rest der Schweiz gang und gäbe ist. Mit 59 Prozent Ja gegen 41 Prozent Nein ermöglichten die Stimmberechtigten von Basel-Stadt die nötige Regelung im Gesetz. Ein Nein hätte Basels Reformierte, Katholiken, Christkatholiken und die Israelitische Gemeinde dazu gezwungen, Steuergeld in eine teure ­eigene Informatiklösung zu stecken, statt die gleiche Leistung günstiger beim Kanton einkaufen zu können. Die Erleichterung bei den Verantwortlichen ist gross.

Eine Selbstverständlichkeit ist dieses Abstimmungsergebnis nicht. Immerhin gehört die Hälfte der Basler Stadtbevölkerung keiner der vier betroffenen Religionsgemeinschaften an. Und zweifellos gibt gerade auch unsere katholische Kirche manchen Anlass zu berechtigter Kritik. Doch jetzt hat sich gezeigt: Auch in Basel respektiert eine klare Mehrheit der Stimmenden die Arbeit der Kirchen und sieht keinen Grund, ihnen absichtlich Steine in den Weg zu legen. Das ist ein Vertrauensbeweis.

Wie können sich die Kirchen dieses Vertrauen erhalten? Sie wirken der Vereinsamung entgegen und stehen Menschen bei, die es nötig haben. Damit stärken sie die Gesellschaft als ganze. Altersseelsorge, Spitalseelsorge, Jugendarbeit oder kirchliche Sozialarbeit sind Beispiele dafür. Vieles davon geschieht im Stillen, aber die Kirchen müssen ihre Arbeit auch der Öffentlichkeit verständlich machen. Und die christlichen und jüdischen Gemeinschaften schulden der Gesellschaft ihren geistigen Beitrag zu Fragen unserer Zeit. Die Abstimmung in Basel stärkt ihnen den Rücken dazu.

Christian von Arx