31.01.2019 – Editorial

Das geht doch nicht!

«Öffentliche Transparenz ist oberstes Gebot», sagte Bischof Felix Gmür zur Pfarrwahl in ­Riehen. Anders Stefan Suter, der Präsident der Pfarrwahlkommission: «Die Wahl eines Pfarrers ist eine heikle Personalfrage, da ist Transparenz fehl am Platz.»

Das ist das Thema im Fall Riehen. Weder der Bischof noch der Präsident durften die Öffentlichkeit von sich aus informieren, was genau 2012 zu einem Strafurteil gegen den Kandidaten geführt hatte. Aber der Bischof fand einen Weg: Er setzte dem Priester im direkten Gespräch die Bedingung, dass er ihn nur zum Pfarrer ernennen würde, wenn der Kandidat der Pfarrei alles offengelegt habe.

Die Pfarrwahlkommission hat dem von ihr selbst angefragten Bewerber keine solche Bedingung gesetzt. Sie ermutigte ihn nicht zur Offenheit. Im Gegenteil: «Transparenz und Demokratie sind reine Leerformeln in diesem Zusammenhang», erklärte der Kommissionspräsident. Am Informationsanlass malte auch er das falsche Bild, nur eine harmlose Fussmassage habe zum Strafurteil geführt. Daraufhin änderte die Thurgauer Staatsanwaltschaft ihre Informationspolitik. Anders als zuvor gewichtete sie jetzt das Interesse der Öffentlichkeit höher als den Persönlichkeitsschutz und stellte den Medien den ganzen Strafbefehl zu. Damit kam es ans Licht: Der Kandidat und der Kommissionspräsident hatten alle in die Irre geführt.

«Ich bin enttäuscht und es ist eine Katastrophe – nicht nur für den Priester, sondern auch für die Pfarrei», sagte Bischof Felix Gmür im Schweizer Fernsehen. «Man kann nicht die Pfarrei belügen, in der man nachher Pfarrer ist. Das geht doch nicht!» Klare Worte vom Bischof des grössten Bistums der Schweiz. Unsere Pfarrblattredaktion fühlt sich dem Mitwirkungsrecht der Pfarreiangehörigen verpflichtet. Das heisst für uns: Man kann nicht den Stimmberechtigten Informationen verschweigen, die nötig sind, damit sie sich ihre Meinung bilden können.

Der Versuch, diese Pfarrwahl mit Halbwahrheiten durchzuziehen, musste scheitern. Nach einer Vorstrafe ist ein Neuanfang als Pfarrer nur denkbar bei voller Transparenz. In der Pfarrei hat das Vorgehen unnötige Verletzungen verursacht. Aber der Fall Riehen beweist: Das Nachdenken über die Missbrauchsfälle beginnt die Schweizer Kirche zu verändern. Es gibt jetzt Gläubige, die nicht schweigen und wegschauen – sie wollen wissen und sie nutzen ihre Rechte. Und es gibt einen Bischof, der sie darin unterstützt. Selbst dann, wenn eine gewählte Pfarreibehörde sich dagegen sperrt. So muss das gehen.

Christian von Arx