Begegnung mit den Basler Karmeliten im Pfarreisaal St. Joseph mit Prior Austin am Rednerpult. | © Regula Vogt-Kohler
Begegnung mit den Basler Karmeliten im Pfarreisaal St. Joseph mit Prior Austin am Rednerpult. | © Regula Vogt-Kohler
11.04.2019 – Aktuell

Da sein in der digitalisierten Welt

Bischof Felix Gmür zur «Bedeutung des geweihten Lebens in der Welt von heute»

In einer Welt, in der immer schnellerer Wandel und permanente Flexibilität dominieren, haben die Karmeliten Zeit, da zu sein und zuzuhören. Das geweihte Leben sei Ausdruck des Andersseins, welches Papst Franziskus in seinem Schreiben «Christus vivit» zur Jugendsynode fordere, sagte Bischof Felix Gmür am Begegnungsabend mit den Basler Karmeliten.

 

Das Interesse war gross: Bis auf den letzten Platz füllte sich der Saal St. Joseph, und die vielen persönlichen Begrüssungen zeigten, dass die Karmeliten in Basel zur festen Grösse geworden sind. Diese Entwicklung haben die Karmeliten selbst bei der Gründung des Klosters im Basler Klybeckquartier nicht zu erwarten gewagt. «Als wir 2007 nach Basel kamen, konnten wir uns nicht vorstellen, dass es so gut funktionieren könnte», sagte Prior Austin.

Dass geweihtes Leben im Jahr 2019 seinen Platz hat, davon zeigte sich Bischof Felix Gmür in seinem Vortrag überzeugt. Die digitalisierte Welt von heute habe viele positive, aber auch fragwürdige Aspekte, meinte der Bischof. Auf der positiven Seite nannte er «mehr Möglichkeiten der Entfaltung», so etwa die Freiheit bei Berufs- und Partnerwahl. Dem stellte er die Verdrängung persönlichen Austausches durch Online-Kontakte, die Überflutung durch Mitteilungen, verbunden mit dem Anspruch auf ein sofortiges Echo, und die Angst vor Verbindlichkeit gegenüber. «Vieles wird kurzlebiger, und wer mit dem Tempo nicht so umgehen kann, wird abgehängt», hielt er fest. Selbstverwirklichung ist ein Recht, aber auch eine Pflicht, dazu kommt das Erfordernis, flexibel zu sein.

Vor diesem Hintergrund stehen langfristige Verpflichtungen und die Bereitschaft, für andere da zu sein, etwas schräg in der Landschaft. Dies trifft ganz besonders auf jene zu, welche ihr Leben Gott weihen und sich zu Gehorsam, Armut und Ehelosigkeit verpflichten. «Das ist nicht besser oder schlechter, aber anders», sagte der Bischof. Ein Mensch, der das geweihte Leben wähle, wolle in erster Linie Zeuge oder Zeugin sein für Grossherzigkeit, Dienst, Treue, Gebet, Gerechtigkeit, Wohl der Armen und soziale Freundschaft.

Zu diesem «Anderssein» sehe der Papst alle Christen und Christinnen verpflichtet. Heisst das, dass die Frauen und Männer des geweihten Lebens gar nicht so speziell sind? «Ihr seid speziell, weil das eure Hauptaufgabe ist», sagte der Bischof zu den Basler Karmeliten. «Die Bedeutung des geweihten Lebens ist, dass ihr da seid, nicht nur heute.» Und nicht nur zu bestimmten Zeiten: Das Basler Karmelitenkloster ist Tag und Nacht offen (www.ocdbasel.org). «Sie sind immer online», formulierte es der Bischof.

In einer «Klammerbemerkung» äusserte sich Felix Gmür auch zum Zölibat. Über die Forderung, den Zölibat für Weltpriester freizugeben, müsse man diskutieren.

Regula Vogt-Kohler