Domenico Sposato, Geschäftsführer der Caritas beider Basel (links), und Ismail Mahmoud, angehender Sozialarbeiter. | © Regula Vogt-Kohler
Domenico Sposato, Geschäftsführer der Caritas beider Basel (links), und Ismail Mahmoud, angehender Sozialarbeiter. | © Regula Vogt-Kohler
15.10.2020 – Aktuell

Caritas spürt Folgen der Pandemie

In der Coronakrise sind die Angebote von Caritas gefragter denn je

Corona hat manches Budget über den Haufen geworfen. Auch Leute, die es bisher noch schafften, sahen sich nun gezwungen, Unterstützung in Anspruch zu nehmen. «Kirche heute» sprach mit Domenico Sposato und Ismail Mahmoud von der Caritas beider Basel über Auswirkungen der Krise.

Als Mitte März der Lockdown kam, musste es schnell gehen. Da ein Teil des Personals des Basler Caritas-Marktes aus Erwerbslosenprogrammen stammt und diese eingestellt wurden, fehlten über Nacht die Mitarbeitenden. «Wir haben uns dann anders organisiert», erzählt Domenico Sposato, Geschäftsführer der Caritas beider Basel. Sofort war klar: Das Angebot des Ladens war gefragt wie nie, aber da Kundenkapazitäten wegen Corona eingeschränkt waren, rechnet Sposato mit einem schlechteren Abschluss als ursprünglich erwartet.

«Die Leute sind Schlange gestanden», berichtet Sposato. Die Zahl der Personen, die auf günstige Lebensmittel angewiesen sind, ist gestiegen. Dazu kam, dass es während Monaten nicht möglich war, im grenznahen Ausland einzukaufen. Gestiegen ist die Nachfrage auch bei der Beratung. Der angehende Sozialarbeiter Ismail Mahmoud hat mit neuen Typen von Fällen zu tun. Als Beispiel nennt er den Inhaber eines Einmannbetriebs. Als er seinen Laden schliessen musste, stand er ohne Einnahmen da. Mit Geldern der Glückskette, der Kirche und anderen Spendengeldern half Caritas, die Lockdown-Phase zu überbrücken.

Nicht in jedem Fall ist das Loch episodisch. Mahmoud erzählt von einer bereits vor Corona in Working-Poor-Verhältnissen lebenden Familie. Als der befristete Arbeitsvertrag des Vaters wegen Corona nicht verlängert wurde und sich die Rechnungen häuften, konnte die Caritas für eine kurze Entlastung sorgen. Der Gang zur Sozialhilfe liess sich aber nicht mehr aufschieben.

Die Coronakrise trifft insbesondere Personen, die im Tieflohnsegment arbeiten und wegen Kurzarbeit weniger Geld im Lohnbeutel haben. Die Betroffenen können nun ihr enges Budget nicht mehr einhalten. es droht das Abrutschen in die Armut.

Was bedeutet die Coronakrise für bereits seit Längerem von Armut Betroffene? Sposato nennt zwei Effekte: Solidarität und Abgrenzung. Es wird deutlich, wie wenig es braucht, um auch in dieser Lage zu landen. Zugleich entsteht eine Art Hierarchie. Sposato illustriert dies mit der Reaktion von einheimischen Bettelnden, die sich von der «Konkurrenz» aus dem Ausland verdrängt fühlen. Insgesamt sorge der Wegfall von Planungssicherheit für eine erhöhte Anspannung.

Wenn der Fokus darauf gerichtet sei, wie man die nächste Rechnung bezahlen soll, fühle sich das an, wie wenn man dem angefahrenen Zug hinterherrenne, sagt Sposato. Mit der Verschärfung der Situation durch Corona habe sich der Abstand auf den Zug weiter vergrössert. Umso wichtiger ist es, dass es Beratungsangebote wie jenes der Caritas gibt.

Regula Vogt-Kohler