07.02.2019 – Editorial

Besondere Tage

Wer feiern will, findet dazu immer einen Anlass. Man kann ihn auch erfinden. Beispielsweise dann, wenn man begründen soll, warum man an einem Tag, der sich durch nichts Besonderes auszeichnet, etwas Spezielles gekocht hat. «2000 Jahre Mittwoch» lautet bei uns zu Hause die Antwort, wenn sich angesichts eines unerwartet festlich ausgefallenen Menüs an einem ganz gewöhnlichen Mittwoch die Frage «Gibt es etwas zu feiern?» aufdrängt.

«Was gibts denn da zu feiern?» Diese Frage gilt es umgekehrt aber auch bei besonderen Tagen zu beantworten. Angefangen beim eigenen Geburtstag: Spätestens ab einem gewissen Alter lässt man sich nicht mehr so gerne daran erinnern, dass man wieder ein Jahr älter geworden ist. Vielleicht begeht man den Jahrestag der eigenen Geburt still für sich, vielleicht auch gar nicht. Ihn komplett zu ignorieren geht ja nicht, weil damit Existenzielles wie etwa die Berechtigung für den Bezug einer Altersrente verknüpft ist.

Und auch wenn ein Jahrestag im Gewand eines Jubiläums daherkommt, steht damit noch nicht fest, was und ob es überhaupt etwas zu feiern gibt. Die Problematik fängt schon bei der Verwendung des Begriffs «Jubiläum» an. Dieser geht zurück auf das alttestamentliche «Jobeljahr», das sogenannte Jahr des Schuldenerlasses und der Befreiung aus der Schuldknechtschaft nach einer 49-jährigen Periode. Im Mittelalter wurde daraus die spiritualisierte Version des Heiligen Jahres, das zunächst ebenfalls alle 50, dann alle 25 Jahre gefeiert wird und einen Sündenerlass beinhaltet. Unterdessen hat sich der Begriff Jubiläum längst für Jahrestage von Ereignissen ausserhalb der römisch-katholischen Kirche und des 25-Jahre-Zyklus eingebürgert.

In Basel steht das Jahr 2019 gleich im Zeichen von speziellen Jahrestagen zweier Ereignisse, welche die Entwicklung von Stadt und Region geprägt haben: Am 9. September wird sich der Tag der Weihe der Predigerkirche zum 750. Mal jähren, und beim Münster, dem Basler Wahrzeichen, geht es sogar um tausend Jahre. Die Ereignisse liegen so weit zurück, dass es nicht nur zu erklären gilt, was da genau vor 750 respektive tausend Jahren passiert ist, sondern auch, was dies für unsere Gegenwart bedeutet. Jahrestage erhalten dann Leben, wenn die Vergangenheit mit dem Heute und Morgen verknüpft wird. In diesem Sinne eignet sich das Motto von «750 Jahre Predigerkirche» für jedes Jubiläum: Nach vorn erinnern.

Regula Vogt-Kohler