Ein Helfer montiert ein Modell des Coronavirus für die Weihnachtskrippe (Martinuskirche, Renningen bei Stuttgart, Advent 2020). | © Keystone/picture alliance/Marijan Murat
Ein Helfer montiert ein Modell des Coronavirus für die Weihnachtskrippe (Martinuskirche, Renningen bei Stuttgart, Advent 2020). | © Keystone/picture alliance/Marijan Murat
16.12.2021 – Aktuell

«Fürchtet euch nicht!»

Aufgeklärt Weihnachten feiern

Wir haben es gelernt in den letzten Monaten: Sich orientieren an Fakten wissenschaftlicher Forschung kann Leben retten. Im Kampf gegen ein Virus hilft es nicht, zu beten oder auf Märchenerzähler zu hören. Die Mehrheit der Menschen lässt sich nicht von selbsternannten «Freiheitshelden» den Kopf verdrehen, sondern folgt vernünftigen Argumenten. Wissenschaft verspricht kein Heil, aber sie ermöglicht Heilung. Auf der Grundlage von Erkenntnissen, zum Preis der Entzauberung der Welt.

An Weihnachten sehnen wir uns jedoch nach Verzauberung. In einer kalten Wirklichkeit wärmt uns das lächelnde Kind in der Krippe. Unzählige Geschichten und Bilder erzählen davon. Dem stehen nüchterne Fakten der Bibelwissenschaft entgegen. Die vier Evangelien, geschrieben ab 70 nach Christus, erzählen sich widersprechende Geschichten oder wissen nichts von der Geburt Jesu. Fazit: Die historische Aussagekraft der biblischen Erzählungen ist gleich null! Die Evangelien liefern keine Fakten. Sie taugen nicht für die Bewältigung einer Pandemie. Sie ermöglichen keine Heilung, aber sie versprechen Heil.

Die in mythischer Sprache erzählte Kernbotschaft von Weihnachten, und darin sehe ich den wahren Zauber, heisst: «Fürchtet euch nicht!» So den Hirtinnen und Hirten verkündet von den Engeln. «Fürchtet euch nicht und steht ein für das Leben!» wird zum Programm des erwachsenen Jesus, des Sprachrohrs Gottes, des Geheimnisses der Liebe und des Lebens.

Hanspeter Lichtin, Theologe, Leiter der Fachstelle Religionspädagogik der Römisch-katholischen Kirche im Kanton Basel-Landschaft