Lichtspektakel im Indischen Ozean: Der Flughafen der Weihnachtsinsel bei Dämmerung. | © paullymac/wikimedia
Lichtspektakel im Indischen Ozean: Der Flughafen der Weihnachtsinsel bei Dämmerung. | © paullymac/wikimedia
24.12.2020 – Aktuell

Auf der Weihnachtsinsel ist es wenig weihnachtlich

Eine Reise um die Welt: An manchen Orten ist Weihnachten immer «anders»

Weihnachten wird in diesem Jahr besonders. Das hören wir seit Wochen. In anderen Ecken der Welt fällt das Fest von Christi Geburt auch ohne Epidemie besonders aus – jedes Jahr.

Die Weihnachtsinsel. Dem Namen nach müsste es auf dem zu Australien gehörenden Eiland im Indischen Ozean wimmeln von Weihnachtsmännern, Weihnachtswichteln und Co. Doch richtig weihnachtlich geht es an den Festtagen kaum zu: Die Bevölkerung besteht grösstenteils aus Buddhisten und Muslimen.

Immerhin gibt es da noch eine zweite Insel gleichen Namens im Pazifik. Hier ankerte der britische Seefahrer James Cook mit seiner Mannschaft an Heiligabend 1777. Cooks Crew liess offenbar nichts anbrennen, wie der Naturforscher und Chronist der Reise, Georg Forster, berichtet. Die Seeleute schwelgten «zween Tage lang ohne Unterlass» in Festtagsfreuden. «Sie machten so arg, dass Capitain Cook endlich den grössten Theil in ein Boot laden, und an Land setzen liess, damit sie in der frischen Luft desto eher wieder nüchtern würden.»

Kaum Feststimmung

Derlei Ausschweifungen verbieten sich «in Zeiten von Corona». Ein ganz besonderes Fest stehe bevor, heisst es. Auf der Welt gibt es jedoch genügend Ecken, in denen Weihnachten besonders ausfällt – jedes Jahr und aus ganz unterschiedlichen Gründen. Zum Beispiel in dem von schweren Konflikten erschütterten Südsudan in Afrika.

Normalerweise feiert Anna Carina Endres Weihnachten mit ihrer Familie und geht zur Kirche. Aktuell kommt nicht nur wegen der Temperaturen von 36 Grad wenig Weihnachtsstimmung auf. Die deutsche Berufssoldatin ist als Militärbeobachterin der UN-Friedensmission UNMISS in der Hauptstadt Juba stationiert. Freunde und Familie vermisst die Offizierin. Etwas Besonderes soll der 24. Dezember trotzdem bereithalten: «Ich plane, einige meiner internationalen Kollegen an Heiligabend zu einem deutschen Abendessen einzuladen.»

Fern der Heimat ist auch Johannes Bahlmann stationiert. Seit zehn Jahren leitet der aus Niedersachsen stammende katholische Bischof eines der grössten Bistümer in Brasilien: Obidos, am Ufer des Amazonas. Um die Katholiken seiner Diözese im Norden des Landes zu erreichen, ist der 60-Jährige manchmal tagelang mit Booten auf den Flüssen der Region unterwegs. Das Weihnachtsfest will er allerdings in seiner Bischofsstadt verbringen.

Feierlich zumute ist Bahlmann gerade gar nicht. Corona hält auch Brasilien fest im Griff, die Bevölkerung ist aufgerufen, Bars und Restaurants, wo man sich an den Feiertagen üblicherweise trifft, zu meiden. Ein Priester des Bistums ist unlängst an dem Virus gestorben, zwei Mitarbeiterinnen kamen zudem vor wenigen Tagen bei einem Autounglück ums Leben. «Das hat die Diözese in Schockzustand versetzt», sagt Bahlmann.

Weihnachtslieder in der Antarktis

Auf eine stille Nacht bereitet sich Klaus Guba vor. Der 54-jährige Mediziner ist Leiter und Stationsarzt der Forschungsstation des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in der Antarktis. Eigentlich müssten jetzt, zu Beginn des Sommers in der Antarktis, bald alle 48 Betten von Neumayer-III belegt sein. Aber aktuell leben mit dem gebürtigen Münchner lediglich neun Personen im ewigen Eis. Die Folgen der Corona-Pandemie machen sich auch am «südlichsten Arbeitsplatz Deutschlands» bemerkbar. Es wird also ruhiger zugehen. Zum Fest von Christi Geburt könnten aber plötzlich ungewohnte Klänge ertönen. Guba und seine Kollegen wollen der Station aufs Dach steigen. «Und dann singen wir Weihnachtslieder!»

St. Helena bisher coronafrei

Den Abschluss unserer Weltreise macht St. Helena, ein winziger Aussenposten Grossbritanniens im Südatlantik. Berühmtester Bewohner: Napoleon, der hier in der Verbannung vor fast 200 Jahren starb.

Eine Mailanfrage an Mike Olsson bleibt nicht lange ohne Antwort. Der Leiter des Inselradios Saint FM und Herausgeber der Zeitung «St. Helena Independent» holt den katholischen Seelsorger David Musgrave mit ins Boot. Der zeigt sich erleichtert, dass die «Saints» Gottesdienste besuchen und Weihnachten «as ususal» feiern können. Dank der isolierten Lage des Eilands und Vorsichtsmassnahmen habe es bisher keinen Corona-Fall unter den rund 5000 Bewohnern gegeben. Einziger Wermutstropfen: Die meisten der im Ausland arbeitenden Insulaner werden wegen der Pandemie in diesem Jahr wohl nicht in die Heimat kommen können.

Dessen ungeachtet wird Geselligkeit gross geschrieben auf St. Helena. Rudelsingen und ein Lichterfest gehören zu den Höhepunkten des öffentlichen Lebens. Plantation House, die Residenz des Gouverneurs, öffnet die Pforten für das abendliche Event «Carols & Cocktails». Die drei Grundschulen der Insel konkurrieren derweil um das beste Krippenspiel. Die Ergebnisse, davon ist David Musgrave überzeugt, würden selbst den für seine epischen Bibelverfilmungen bekannten Hollywood-Regisseur Cecil B. DeMille vor Neid erblassen lassen.

Sascha Pöschel, kna/kath.ch

 

Der Tai-Pak-Kong-Tempel dient der chinesischen Gemeinde auf der Weihnachtsinsel im Indischen Ozean. 1898 kamen die ersten Chinesen, um in den Phosphatminen der Insel zu arbeiten. | © David Stanley / wikimedia
Australien hat während Jahren Flüchtlinge auf der Weihnachtsinsel interniert. © Christmas Island Immigration Detention Centre / wikimedia
Strand auf der Weihnachtsinsel im Indischen Ozean. © Christmas Island Immigration Detention Centre / wikimedia