Schon im Oktober 2018 zeigten diese 15 Benediktinerinnen des Klosters Fahr ihre Unterstützung für das Stimmrecht der Ordensfrauen an der Bischofssynode (Priorin Irene Gassmann ganz links). | © Kloster Fahr
Schon im Oktober 2018 zeigten diese 15 Benediktinerinnen des Klosters Fahr ihre Unterstützung für das Stimmrecht der Ordensfrauen an der Bischofssynode (Priorin Irene Gassmann ganz links). | © Kloster Fahr
18.10.2018 – Aktuell

Auch Ordensfrauen sollen mitstimmen können

Benediktinerinnen des Klosters Fahr unterstützen Petition an die Bischofssynode im Vatikan

An der aktuellen Bischofssynode in Rom können zwei Ordensbrüder mitstimmen, die nicht Priester sind. Ordensfrauen dagegen haben nur beratende Stimme. Das soll sich ändern, finden die Benediktinerinnen des Klosters Fahr im Aargau.

 

«Was ist der Unterschied zwischen Ordensbrüdern und Ordensschwestern?» Das fragt Irene Gassmann, Priorin des Klosters Fahr, in einem Online-Artikel des «Tages-Anzeigers» vom 15. Oktober. Anlass zur Frage ist die 15. ordentliche Bischofssynode in Rom, die vom 3. bis 28. Oktober das Thema Jugend behandelt. An der Synode nehmen rund 260 Bischöfe aus aller Welt teil, dazu rund 100 Berater und Gasthörer (Auditoren). Die meisten dieser Experten und Gäste dürfen sich an der Synode äussern, haben aber kein Stimmrecht. Das gilt auch für die acht Prozent Frauen unter den Synodenteilnehmern.

Wie einem Beitrag der vatikanischen Medienstelle «Vatican News» zu entnehmen ist, sind unter den acht Delegierten der männlichen Ordensoberen zwei Brüder ohne Priesterweihe, also Laien. Dennoch gestand ihnen das Synodensekretariat den Status als Synodenväter zu, mit dem ein Stimmrecht verbunden ist. Die acht Ordensoberinnen bei der Synode haben hingegen kein Stimmrecht.

Bis 2015 war das Stimmrecht an Bischofssynoden ausschliesslich geweihten Priestern vorbehalten. Doch an der Familiensynode vom Oktober 2015, der ersten Bischofssynode unter Papst Franziskus, durfte erstmals auch ein Ordensbruder, der nicht Priester ist, mit den Bischöfen abstimmen. Unter den Synodenvätern der laufenden Jugendsynode gibt es nun bereits zwei Ordensobere, die nicht Priester sind.

«Wie Schwestern und Brüder in Christus»

Das hat eine Reihe von kirchlichen Frauenorganisationen aus vielen Ländern heraus­gefordert. Sie starteten eine internationale Online-Petition unter dem Titel «Votes for Catholic Women», die sich an die Bischöfe, Kardinäle, alle stimmberechtigten Mitglieder der Jugendsynode und an Papst Franziskus richtet. Die Unterzeichnerinnen fordern die Adressaten auf, einen Weg zu finden, dass auch Ordensoberinnen gleichberechtigt wie männliche Ordensobere an der Bischofssy­node und an allen anderen Entscheidungsgremien der Kirche mitwirken und mitstimmen können, «wie Schwestern und Brüder in Christus».

Zwölfmal mehr Frauen als Männer

Laut der Petition gab es im Jahr 2016 weltweit 659 445 Ordensfrauen und 52 625 Ordensmänner. Die Zahl der in religiöse Orden eingetretenen Frauen beträgt also das Zwölffache der Männer. Ordensfrauen leisteten den grössten Teil der Arbeit für die am meisten benachteiligten Menschen.

«Wir haben vielleicht unterschiedliche Ansichten zu vielen Fragen, aber darin sind wir uns einig: Wir glauben, dass unsere Kirche die gegenwärtige Krise nur überwinden kann, wenn Frauen Stimme und Stimmrecht haben», lautet der letzte Satz der Petition. Diese wurde am 18. Oktober in Rom dem Generalsekretär der Bischofssynode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, sowie allen Bischöfen, Kardinälen und stimmberechtigten Synoden­mitgliedern übergeben.

Was Oberinnen an der Synode dazu sagen

Am 15. Oktober äusserten sich sechs der acht Ordensoberinnen, die an der Synode teilnehmen, an einer Medienkonferenz im Vatikan. «In einer nächsten Synode werden wir wahrscheinlich eine Änderung darüber sehen, wer wählt», sagte die US-Amerikanerin Sally Marie Hodgdon, Generaloberin der Schwestern des Heiligen Josef von Chambéry und Vizepräsidentin der internationalen Union der Ordensoberinnen UISG. Die Bischofssynode sei ein Instrument in Entwicklung.

«Was wir wirklich wollen, ist nicht das Stimmrecht», erklärte Sally Marie Hodgdon laut dem Bericht von «Vatican News» weiter. «Wir wollen vielmehr bei Entscheidungsprozessen helfen, zu guten Entscheidungen zu kommen». Das Abstimmen am Ende der Synode über die einzelnen Absätze des Schlussdokuments sei «nur ein Moment in 25 Tagen. Aber in den Sprachgruppen ist die Arbeit anders, vielleicht sogar wichtiger».

«Die Petition ist Ausdruck der Meinungsfreiheit», meinte die italienische Ordensfrau Alessandra Smerilli, Ökonomin und Sozialarbeiterin, zur Frage des Stimmrechts an der Synode. «Es ist gut, das vorzuschlagen. Wir sind in einem kontinuierlichen Öffnungsprozess, das sehen wir in der Synode jeden Tag, und jeder Mosaikstein kann helfen.»

Kämpferinnen im Kloster Fahr

Das aargauische Kloster Fahr an der Limmat feiert dieses Jahr sein 888-jähriges Bestehen. Es bildet ein Doppelkloster mit dem Kloster Einsiedeln und untersteht dessen Abt. Der Konvent von Fahr zählt heute 20 Benediktinerinnen.

Vorsteherin der Schwesterngemeinschaft im Fahr ist seit 15 Jahren Priorin Irene Gassmann. Sie lebt seit 32 Jahren im Kloster. Bei der letzten Abtwahl des Klosters Einsiedeln 2013 protestierte sie, weil die Fahrer Schwestern nicht mitwählen durften. 2016 nahm sie am Pilgermarsch des Projekts «Kirche mit* den Frauen» nach Rom teil. Sie bezeichnet sich selbst als Kämpferin für die Sache der Frau in der Kirche und sagt dazu: «Die Zeit ist reif.»

Christian von Arx