23.09.2021 – Editorial

Am Start zur Synode 2023

Das Plakat ist schon mal gut: Papst Franziskus kneift die Augen zusammen und hält die Hand ans Ohr. «Wir sind ganz Ohr für Ihre Stimme», heisst es dazu. Die Botschaft ist klar: Der Papst will hören, wie es aus seiner Kirche ruft.

Warum tut er das? Seit seinem einfachen «Buona sera» nach der Wahl am 13. März 2013 hat Franziskus unermüdlich Zeichen ausgesandt, was für eine Kirche er sich wünscht: Für die Armen, für die Schöpfung, für die Geschwisterlichkeit aller Menschen. Aber ist es ihm damit gelungen, seiner Kirche wirklich eine andere Richtung zu geben?

Vieles deutet darauf hin, dass die Anläufe des Papstes zu inneren Reformen stecken bleiben, weil sie auf den Widerstand von Amtsträgern stossen, die sich gegen Veränderungen stemmen. Wenn der Papst jetzt den Begriff der Synode so ausweitet, dass die Bischöfe vor ihrem nächsten Zusammentreffen im Oktober 2023 zuerst überall in ihren Diözesen auf die Stimmen der Gläubigen hören sollen, so hofft er offenbar auf Unterstützung von unten, um seiner Vorstellung von einer franziskanischen Wende in der Kirche Schub zu verleihen.

Ob das klappen kann, ist völlig offen. Wird sich das Kirchenvolk überhaupt für die Beteiligung an dem von Franziskus ausgerufenen synodalen Weg gewinnen lassen? Und selbst wenn das gelingen sollte, werden die Meinungsäusserungen der Basis ja keineswegs eindeutig ausfallen, sondern ein grosses Spektrum widersprechender Ansichten umfassen. Was wiederum die Bremser ausnützen werden.

In der schweizerischen Demokratie sind wir es gewohnt, dass Stimmen gezählt werden und die Mehrheit entscheidet. So wird es nicht sein im synodalen Prozess der Kirche. Ist ein Mitmachen darum sinnlos? Nein, schon die Teilnahme an den vorgesehenen Gruppendiskussionen kann bei den Beteiligten etwas auslösen. Und sollten die von den Gruppen eingegebenen Antworten eine klare Tendenz für die Dringlichkeit einzelner Anliegen ergeben, müsste dies als Stimme der Kirche in der Schweiz Folgen haben.

Die römisch-katholische Weltkirche krankt daran, dass sie ihren Ortskirchen nicht zutraut, ihre Angelegenheiten eigenständig zu regeln. Der in der geschichtlichen Situation des 19. Jahrhunderts durchgesetzte übersteigerte Zentralismus Roms steht der Entwicklung zu einer geschwisterlichen Kirche im Weg. Was wir brauchen, bei uns wie überall, ist eine Kirche, die den Menschen nahe ist und ihnen in allen Lebenslagen beisteht. Und nicht eine, die über sie herrschen will.

Christian von Arx