Ein Bild der Zerstörung: Hiroshima im November 1945. | © wikimedia / Charles E. Ahl jr.
Ein Bild der Zerstörung: Hiroshima im November 1945. | © wikimedia / Charles E. Ahl jr.
06.08.2020 – Aktuell

«Der Besitz von Atomwaffen ist unmoralisch»

Botschaft von Papst Franziskus zum 75. Gedenktag von Hiroshima

Mit dem Abwurf der ersten Atombomben über den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki begann im August 1945 das Atomzeitalter. Heute befinden sich Tausende von Nuklearwaffen in den Arsenalen der Atommächte.

Mit Bomben hatten die Bewohner der japanischen Stadt Hiroshima gerechnet, aber was am Morgen des 6. August 1945, einem schönen, heissen Sommertag, über sie hereinbrach, war etwas gänzlich Unerwartetes, Neues. Ein helles Licht, eine Druckwelle – und innert Sekunden lag die Stadt in Trümmern und starben Zehntausende Menschen, viele ohne eine Spur zu hinterlassen.

Am 25. Juli 1945 hatte der amerikanische Präsident Harry S. Truman beschlossen, die unter riesigem Aufwand entwickelte und knapp zwei Wochen zuvor erstmals getestete Atombombe einzusetzen. Es gab die neue Waffe in zwei Varianten, und beide kamen zum Einsatz: Am 6. August detonierte eine Uranbombe über Hiroshima, drei Tage später eine Plutoniumbombe über Nagasaki. «Wir haben die schrecklichste Bombe in der Geschichte der Welt entdeckt», schrieb Truman in sein Tagebuch. Er habe dem Kriegsminister gesagt, sie so einzusetzen, dass militärische Objekte und Soldaten das Ziel seien und nicht Frauen und Kinder.

Eine kriminelle Handlung

Angesichts des Resultats, der Auslöschung zweier Städte, klingt diese Anweisung mehr als zynisch. Dazu kommt die Frage, ob es denn militärisch notwendig war, die neuartige Bombe überhaupt einzusetzen und wenn, ob zwei Abwürfe nötig waren. Dazu hatte der US-amerikanische Journalist und Schriftsteller John Hersey eine klare Meinung: Er reagierte mit Empörung auf Nagasaki und bezeichnete die zweite Bombardierung als kriminelle Handlung. «Wenn Zivilisation etwas bedeutet, müssen die Leute die Menschlichkeit ihrer Feinde anerkennen», schrieb er.

Im Frühling 1946 besuchte er Hiroshima und beschrieb danach die Auswirkungen der Atombombe anhand der Erfahrungen von sechs Überlebenden. Sein Bericht «Hiroshima» erschien im August 1946 als Reportage im Magazin «The New Yorker», dann auch als Buch. Nüchtern, sachlich und zugleich drastisch und eindringlich schildert Hersey, wie die vier Männer und zwei Frauen den 6. August und die Zeit danach er- und überlebt haben.

Waffen niederlegen

Herseys Worte machen anschaulich, welch verheerende Zerstörungskraft von Nuklearwaffen ausgeht. Daran erinnerte Papst Franziskus in seiner Botschaft zum 75. Gedenktag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima. «Es war nie deutlicher, dass für ein Gedeihen des Friedens alle Völker die Waffen des Krieges niederlegen müssen, vor allem die mächtigsten und destruktivsten Waffen wie Nuklearwaffen, die ganze Städte und Länder verkrüppeln und zerstören können.»

Franziskus zitierte aus seiner Rede vom November 2019, die er im Hiroshima-Friedenspark gehalten hatte: «Ich wiederhole, was ich vergangenes Jahr in Hiroshima sagte: Der Einsatz von Atomenergie zu Kriegszwecken ist unmoralisch, wie ebenso der Besitz von Atomwaffen unmoralisch ist.

Der Papst verwies auf die wichtige Rolle der Überlebenden der Bombenabwürfe, der so genannten «Hibakusha», hin: «Mögen die prophetischen Stimmen der Hibakusha-Überlebenden von Hiroshima und Nagasaki uns und kommenden Generationen als Warnung dienen! Friede sei mit euch!»

Regula Vogt-Kohler