Wenn ich schlecht gelaunt bin oder traurig – glaube ich dann, dass Gott in mir wohnt? | © S. Hofschlaeger/pixelio.de
Wenn ich schlecht gelaunt bin oder traurig – glaube ich dann, dass Gott in mir wohnt? | © S. Hofschlaeger/pixelio.de
07.11.2019 – Impuls

Korintherbrief 3,16

Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?

Einheitsübersetzung 2016

 

Der Himmel ist in mir

Wir stehen bereits wieder mitten im Monat November. Die kirchlichen Feste von Allerheiligen und Allerseelen sind vorbei. Sie haben uns vom Himmel erzählt. Auch die verschiedenen Totengedenkfeiern oder Friedhofsbesuche lösen doch immer mal wieder ein Nachdenken über den Himmel aus. Wo sind denn unsere Verstorbenen jetzt genau? Es sagt sich für uns Christen so leicht: «Sie sind im Himmel.» Doch wo oder was ist denn dieser Himmel, von dem wir oft mit so grosser Selbstverständlichkeit sprechen? Am Ende des Kirchenjahres erzählen auch die biblischen Lesungen in den Gottesdiensten nicht selten vom Himmel, vom Reich Gottes und von dem, was nach dieser Welt kommt.

Ich erinnere mich noch gut an ein Ereignis aus der Zeit, in der ich Religionsunterricht erteilte. Wir hatten gerade das Vaterunser zum Thema. Da entstand unter den Kindern eine Diskussion, wo denn jetzt dieser himmlische Vater genau zu finden wäre. Was ist denn da mit «Himmel» genau gemeint? Ist es einfach der Himmel über uns, dort wo die Sonne scheint und die Flugzeuge fliegen? Oder ist damit vielleicht doch was anderes gemeint? Ein Kind meinte dann: «Meine Oma ist auch im Himmel, aber sie schwebt ja deswegen auch nicht einfach in den Wolken.»

Eine, die für sich die Frage nach dem Himmel ganz klar beantwortet hat, ist die heilige Elisabeth von der Dreifaltigkeit. Seit ihrer Erstkommunion glühte in ihr die Liebe Gottes. Als ihr eines Tages die Priorin des Karmels sagte, dass der Name Elisabeth «Wohnung Gottes» bedeute, sah sie darin ihre Berufung: «In meinem Innern finde ich Gott; er verlässt mich nie; er ist in mir und ich in ihm, das ist mein Leben.» Im Alter von 21 Jahren tritt sie in den Karmel von Dijon ein. In einem ihrer Briefe schreibt sie: «Mir scheint, ich habe meinen Himmel auf Erden gefunden, denn der Himmel ist Gott, und Gott ist in meinem Herzen.»

Na ja … für eine Karmelitin ist das ja auch einfach! Die hat viel Zeit und ein beschauliches Leben hinter Klostermauern. Aber wie ist das bei mir? Wenn ich in den Spiegel schaue – glaube ich dann, dass Gott in mir wohnt? Oder wenn ich schlecht gelaunt bin oder traurig? Und wenn mir körperliches oder seelisches Leid widerfährt … wie siehts dann aus mit dieser Gegenwart Gottes?

Elisabeth von der Dreifaltigkeit hat viele Laien begleitet, die sich schwer taten mit diesem Vertrauen und diesem Glauben, mit dieser Innerlichkeit. Ihnen versuchte sie aufzuzeigen, dass sie jederzeit in ihre innere Kammer flüchten können – dorthin, wo Gott wohnt. Einer ihrer Freundinnen schrieb sie: «Das ist so einfach. Er ist immer mit uns, sei du immer mit Ihm, durch all deine Handlungen, in deinem Leid, wenn dein Körper zerschlagen ist, bleib unter seinem Blick, sieh, wie gegenwärtig und lebendig Er in deiner Seele ist.» Um so zu leben, genüge es, «sich immer wieder auf seine Gegenwart zu besinnen».

Kurz vor ihrem Tod schrieb Elisabeth von der Dreifaltigkeit: «Ich vertraue Ihnen an, was mein Leben ausgemacht hat: ein vorweggenommener Himmel – glauben, dass jemand, der sich Liebe nennt, zu jeder Tages- und Nachtzeit in uns wohnt und uns bittet, zusammen mit Ihm zu leben.»

Nadia Miriam Keller, Theologin, ursprünglich Pflegefachfrau, arbeitet in der Pfarrei St. Odilia, Arlesheim